Ablenkung verbessert die Konzentration
22. Februar 2011 von Riedel
Wenn eine besonders schwierige Aufgabe ansteht, ist es oft schwer, sich lange Zeit konzentrieren zu können. Hier kann es helfen, sich zwischendurch ablenken zu lassen. Das hat eine aktuelle US-Studie ergeben.
Es ist schwierig, sich stundenlang auf eine anspruchsvolle Aufgabe zu konzentrieren. Irgendwann geht die Aufmerksamkeit verloren. Man macht Fehler, weil niemand dauerhaft auf eine Aufgabe fokussiert sein kann. Tricks, die Konzentration aufrecht zu erhalten, gibt es viele. Aber nicht alle helfen.
Wie eine aktuelle Studie von Alejandro Lleras und Atsunori Ariga von der University of Illinois (USA) ergeben hat, kann es helfen, sich während der Arbeit kurz ablenken zu lassen. Diesen eher überraschenden Effekt hat das US-Forscherduo bei einem Test mit 84 Freiwilligen entdeckt. Demnach scheint unser Gehirn darauf ausgelegt zu sein, auf Veränderungen zu reagieren. Wenn man sich dagegen zu lange auf ein und dieselbe Aufgabe konzentriert, lässt irgendwann die Aufmerksamkeit nach und die Leistungsfähigkeit verringert sich.
Mit dem Ergebnis ihrer Studie wollen die Forscher zwei bisherige Annahmen widerlegen. Zum einen dass Ablenkung die Konzentration auf die Hauptaufgabe stört und zum anderen, dass die Aufmerksamkeit im Lauf der Zeit zwangsläufig abnimmt.
Bei Ihrer Untersuchung mussten 84 Probanden 50 Minuten lang eine relativ eintönige Aufgabe am Computer erledigen. Dabei wurden die Testpersonen in vier Gruppen unterteilt. Eine Gruppe musste vor der Untersuchung vier Zahlen auswendig lernen. Im Lauf der 50-minütigen Aufgabe erschienen diese Zahlen zwei Mal auf dem Bildschirm. In dem Moment, in dem die Zahlen auf dem Monitor erschienen, mussten die Probanden mit einem Tastendruck reagieren. Die anderen Probanden wurden in drei Gruppen unterteilt. Eine Gruppe musste nur die Aufgabe erledigen. Die zweite lernte zwar die Zahl auswendig, diese erschien aber nicht auf dem Bildschirm. Die letzte Gruppe bekam zwar die Zahlen zu sehen, wusste aber nichts damit anzufangen.
Wie zu erwarten war, lies die Leistung aller Gruppen im Lauf der Zeit nach. Das galt aber nicht für die Probanden der ersten Gruppe, die zweimal kurz abgelenkt wurden. Ihre Aufmerksamkeit nahm auch nach 50 Minuten nicht ab, sondern blieb konstant. „Wir nehmen an, dass es hilfreich ist, seine Zielsetzungen kurzfristig zu deaktivieren und wieder zu aktivieren, um aufmerksam bei einer Sache bleiben zu können“, sagt Lleras gegenüber www.wissenschaft.de. „Aus praktischer Sicht bedeuten unsere Ergebnisse, dass man bei einer langen Aufgabe – zum Beispiel bei der Vorbereitung auf eine Prüfung – immer wieder kurze mentale Pausen machen sollte. Diese kurzen Ablenkungen helfen, konzentriert bei der Aufgabe zu bleiben.“
Mit diesem Ergebnis widersprechen die Forscher auch einer Annahme, die seit rund 50 Jahren unter Psychologen verbreitet war. Diese besagt, dass Aufmerksamkeit nicht unbegrenzt zur Verfügung steht und nach einer gewissen Zeit erschöpft ist. Lleras glaubt, dass diese Annahme falsch ist und das eigentlich immer genügend Aufmerksamkeit da ist, man sie nur nicht immer vollständig auf die aktuelle Tätigkeit fokussieren kann. Irgendwann lässt die Leistung nach, weil man aufhört, ihr die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Schuld ist also die Eintönigkeit einer Aufgabe und nicht das nachlassende Konzentrationsvermögen.
Es spricht also nichts dagegen, sich bei der Arbeit kurz ablenken zu lassen und sich mit etwas anderem zu beschäftigen. Nur mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen funktioniert nicht. Ansonsten profitiert man von der Ablenkung.
Alejandro Lleras und Atsunori Ariga (Universität von Illinois): Cognition, doi: 10.1016/j.cognition.2010.12.007