Burnout-Verbreitung wird überschätzt
2. Mai 2013 von Riedel
Seit langem verfolgt die DAK, wie sich die Gesundheit der Angestellten in deutschen Büros entwickelt und gibt jährlich den DAK-Gesundheitsreport heraus. Die wichtigsten Ergebnisse sind hier einmal zusammengefasst.
Pressemitteilung:
Erstmals kletterten 2012 psychische Erkrankungen in NRW auf Platz 2 bei den Fehltagen in Betrieben. Mit einem Anteil von knapp 16 Prozent an allen Ausfalltagen im Job folgen sie gleich hinter Muskel-Skelett-Erkrankungen (23 Prozent).
Ein Jahr zuvor lagen seelische Leiden noch an dritter Stelle. In 2012 blieben in NRW 100 Arbeitnehmer im Schnitt an 220 Tagen wegen einer psychischen Erkrankung dem Job fern. Hochgerechnet bedeutet das für alle Erwerbstätigen in NRW mehr als 18 Millionen Fehltage in den Betrieben. Dies zeigt die Auswertung der Krankschreibungen im aktuellen DAK-Gesundheitsreport. Das IGES Institut aus Berlin wertete dafür Daten von 457.000 erwerbstätigen DAK-Versicherten in NRW aus.
Die Langzeitanalyse in NRW zeigt: In den letzten zwölf Jahren stiegen die Fehltage bei den psychischen Erkrankungen um 90 Prozent (Bund 85 Prozent). „Die Arbeitsausfälle sind für Betriebe schwerwiegend. Denn psychische Erkrankungen dauern meist lange. In NRW sind es im Durchschnitt mehr als 33 Tage. Sie gehören deshalb stärker in den Fokus eines betrieblichen Gesundheitsmanagements“, sagt Hans-Werner Veen, Landeschef der DAK-Gesundheit in NRW.
Krankenstand insgesamt unverändert
Der Krankenstand insgesamt blieb in NRW mit 3,8 Prozent in 2012 unverändert zum Vorjahr. Demnach waren im vergangenen Jahr von 1.000 Arbeitnehmern im Schnitt pro Tag 38 krank geschrieben (Bund ebenfalls 38). Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt hat NRW allerdings etwas weniger Krankheitsfälle (109 zu 112 Fälle pro 100 Versicherte). Die durchschnittliche Dauer einer Krankschreibung liegt fast gleichauf mit dem Rest der Republik (12,8 Tage zu 12,6 Tage).
Massive Verschiebungen beim Krankheitsspektrum: Sind wir heute anders krank?
Laut DAK-Gesundheitsreport haben sich die Gründe für Krankschreibungen in den vergangenen zwölf Jahren auffällig verschoben: In NRW gab es in den letzten zwölf Jahren 104 Fehltage mehr pro 100 Versicherte, die auf psychische Leiden zurück gingen. Zum Vergleich: Herz-Kreislauf-Erkrankungen gingen im gleichen Zeitraum um 26 Tage, Atemwegskrankheiten um 22 Tage zurück.
Sind heute wirklich immer mehr Menschen psychisch krank? Oder ist das eher eine Frage der öffentlichen Wahrnehmung und eines veränderten Umgangs mit psychischen Belastungen? Nach Ansicht von Experten gibt es keine Hinweise darauf, dass derzeit mehr Menschen eine psychische Störung haben als vor 15 Jahren.
Ein Widerspruch zu den aktuellen Krankenstandsdaten ist dies nicht. Denn Arbeitsunfähigkeitsdaten geben zwar zuverlässig Auskunft über das Ausmaß psychischer Diagnosen bei Krankschreibungen. Sie spiegeln aber nicht zwangsläufig die tatsächliche Verbreitung psychischer Erkrankungen wider. Ein wesentlicher Grund für die Zunahme der Krankschreibungen wegen dieser Diagnosen ist, dass Betroffene und Ärzte inzwischen mit seelischen Leiden anders umgehen. „Viele Arbeitnehmer werden heute mit einem psychischen Problem krankgeschrieben, während sie früher beispielsweise mit der Diagnose chronische Rückenschmerzen arbeitsunfähig gewesen wären“, so Veen. Während sich 1997 bundesweit nur jeder 50. Erwerbstätige wegen eines psychischen Leidens krankmeldete, war es 2012 bereits jeder 22. Frauen waren dabei fast doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Burnout ist kein Massenphänomen
Vor zehn Jahren spielte das Burnout bei Krankschreibungen kaum eine Rolle. Auf den ersten Blick ist in den vergangenen Jahren – auch bedingt durch das geringe Anfangsniveau – ein steiler Anstieg zu verzeichnen. Bei genauer Betrachtung muss dieser Anstieg jedoch relativiert werden. So tritt bei den Krankschreibungen zum Beispiel die Diagnose Depression acht Mal häufiger auf. Im vergangenen Jahr haben die Ärzte in NRW nur bei etwa jedem 540. Mann und jeder 390. Frau ein Burnout auf der Krankschreibung vermerkt. „Es gibt offensichtlich kein Massenphänomen Burnout“, betont Veen. „Burnout ist eine Art Risikozustand und keine Krankheit.“
Der Begriff sei durch die breite Berichterstattung in den Medien positiver besetzt und sozial akzeptierter als eine Depression. Burnout-Betroffene hätten in der öffentlichen Wahrnehmung meist sehr engagiert gearbeitet und seien dadurch „ausgebrannt“. Insofern hat die breite Debatte dazu beigetragen, dass Arbeitnehmer beim Arzt leichter über psychische Beschwerden sprechen.
Quelle: www.presse.dak.de/ps.nsf/rsbl/D2D41E712F5DD97BC1257B510031D749