Gähnen – Kühlung fürs Gehirn?
14. Oktober 2011 von Riedel
Wenn der Chef vor Ihnen steht, sollten Sie nicht unbedingt lautstark gähnen. Schließlich zeigt das, dass Sie nicht mit voller Konzentration bei der Arbeit sind. Wenn Sie bei einem langen Monolog des Vorgesetzten ein Gähnen nicht unterdrücken können, sagen Sie Ihrem Chef doch einfach, dass Sie nur Ihr Gehirn kühlen wollten. Dafür gibt es sogar Beweise.
Wir gähnen wenn wir müde oder gelangweilt sind. Doch schon 2007 wurde die Theorie aufgestellt, dass beim Gähnen auch das Gehirn gekühlt wird. Die beiden US-Forscher Andrew Gallup von der Princeton University und Omar Eldakar von der University of Arizona haben nun sogar bewiesen, dass es zumindest einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des Gähnens und der Jahreszeit bzw. der Lufttemperatur gibt. Als Rückschluss glauben die Forscher, dass das Gähnen auch ein Mittel ist, as Gehirn zu kühlen.
Im Sommer gähnen die Menschen weniger als im Winter. Der Grund ist für die beiden US-Wissenschaftler, dass man bei großer Hitze durchs Gähnen an der Hirnleistung nicht ändern kann. Im Winter aber, wenn die Luft deutlich kälter ist, kann die frische Luft, die man beim Gähnen einatmet, das Gehirn kühlen.
Wie bei einem Computer soll man auch den menschlichen Hauptprozessor, also das Gehirn, mit kalter Luft kühlen können. Und bei niedrigerer Temperatur soll das Gehirn effizienter arbeiten und besser denken können. Das zumindest besagt die Kühl-Theorie. Das Gähnen liefert mit einem großen Schub eine Menge kühler Frischluft und soll so unser Denkorgan wieder in Schwung bringen. Die frische Luft gelangt dabei zu den Blutgefäßen im Rachen, die das Blut kühlen, das direkt zum Gehirn gelangen soll. Eine Art Durchlaufkühlung sozusagen. Da die Luft im Sommer deutlich wärmer ist, bleibt der Kühleffekt klein und daher gähnen wir im Sommer weniger, sagen Gallup, der bereits an der ersten Studie beteiligt war, und Eldakar.
Um ihre Theorie zu erforschen, führten sie in Tucson/Arizone bei willkürlich ausgewählten Fußgängern eine Versuchsreihe durch. Dabei nutzen sie den Umstand, dass Gähnen bekanntlich ansteckend ist. Im Sommer und im Winter zeigten sie jeweils 160 Passanten gähnende Menschen. Dabei zählten sie, wie oft die Spaziergänger sich beim Gähnen anstecken ließen.
Im Sommer, der in Arizona rund 35 Grad warm ist, gähnten 24 Prozent, im Winter bei rund 22 Grad dafür 45 Prozent, also fast doppelt so viele. Dies sahen die Forscher als Beweis für ihre Theorie. Wenn die Umgebungstemperatur sich der Körpertemperatur annähert, bringt der Kühlungseffekt nichts und wir haben kaum einen Grund zum Gähnen.
Ob das nun so stimmt oder nicht, muss noch näher erforscht werden. Aber wenigstens hat man einen guten Grund, wenn man bei einem Vortrag des Chefs wieder ins Gähnen kommt.
Andrew Gallup und Omar Eldakar (Princeton University): Frontiers in Evolutionary Neuroscience, doi: 10.3389/fnevo.2011.00003
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