Übergewicht im Mutterleib
18. November 2008 von Riedel
Die Zahl der Übergewichtigen macht auch vor den Neugeborenen nicht halt. Deutsche Frauen bringen immer mehr dicke Babys zur Welt. Für die Ärzte wird so der Kreißsaal fast zum Fitnessstudio, wenn sie die Säuglinge nach oben stemmen müssen.
Sumo-Babys mit Übergewicht
Nicht nur Erwachsene, Jugendliche und Kinder sind zu dick, das Übergewicht betrifft auch immer mehr Säuglinge. Bereits im Mutterleib nimmt der Trend zum Übergewicht zu. In deutschen Kreißsälen wiegen bis zu zehn Prozent der Neugeborenen bereits 4.000 Gramm oder sogar mehr.
Für Aufsehen sorgte eine Frau in Köln, die ein 5,7 Kilogramm schweres Sumo-Baby auf die Welt brachte. Kurze Zeit später wurde Federico geboren. Federico brachte immerhin noch stolze 4.500 Gramm auf die Waage. Das sind rund 1.000 Gramm mehr als ein durchschnittliches Kind bei seiner Geburt wiegt.
Bei der Geburt acht Kilo schwer
Deutschland ist aber nicht das einzige Land, in dem übergewichtige Säuglinge geboren werden. Auch in anderen Ländern lässt sich der Trend beobachten. 2007 ließ in Mexiko ein schweres Baby die Öffentlichkeit aufhorchen. Der propere Säugling wog mit fast 8 Kilogramm mehr als doppelt so viel als ein durchschnittliches Baby. In Russland erblickte ein 6,1 Kilogramm schwerer Junge das Licht der Welt, in Polen wog ein Säugling bei seiner Geburt 7 Kilogramm.
Für viele Mediziner spielen das zunehmende Alter und das wachsende Übergewicht der Mütter eine zentrale Rolle, wenn wieder einmal ein Säuglings-Koloss geboren wird. In Deutschland ist bereits jede vierte schwangere Frau übergewichtig. Ebenfalls jede vierte Mutter ist bei der Geburt 35 Jahre oder älter. Das ist weder für das Baby, noch für die Mutter gesund. Ältere und übergewichtige Frauen haben ein erhöhtes Risiko, in der Schwangerschaft Diabetes zu entwickeln. Das wiederum erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, ein Riesen-Baby zu bekommen. Das erklärt Professor Klaus Vetter, Vize-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG).
Aus dicken Babys werden dicke Erwachsene
Auf den ersten Blick spielt es für die Babys keine Rolle, ob sie übergewichtig sind oder dem Durchschnitt entsprechen. Viele Mega-Säuglinge sind trotz ihres außergewöhnlichen Gewichts bei der Geburt kerngesund. Allerdings birgt das Übergewicht das Risiko einer so genannten fetalen Makrosomie. „Makrosome Kinder bekommen zu viel Insulin, das ist ein Wachstumshormon. Es führt zu Gewichtszunahme und kann auch die Körperkomposition verändern“, erklärt Vetter. Zudem steigt das Risiko, dass aus dicken Babys später dicke Kinder, dicke Jugendliche und schließlich dicke Erwachsene werden. Außerdem steigen das Diabetes-Risiko und die Wahrscheinlichkeit für andere Stoffwechsel-Krankheiten.
Hat die Muter einen erhöhten Blutzucker, gelangt dieser auch zum Fötus. Der produziert daraufhin mehr Insulin. Die Plazenta ist aber undurchlässig für Insulin. Darum kann das Hormon den Körper des Fötus nicht verlassen. Dadurch wächst das Baby. Seine Knochen werden dicker, der Hals ist kurz und wuchtig und die Schultern ungewöhnlich breit. Oft ist auch der Kopfumfang deutlich größer. Für die Mutter kann das bei der Geburt schwere Folgen haben. Darum ist es auch anzeigepflichtig, wenn ein Kind bei der Geburt voraussichtlich mehr als 4.000 Gramm wiegen wird.
Zu dick für den Geburtskanal
Um Schwierigkeiten zu vermeiden, wird bei den meisten Müttern ein Kaiserschnitt durchgeführt. So kann man das Risiko einer so genannten Schulterdystokie ausschließen. Die Schulterdystokie gehört wohl zu den Albträumen jeder werdenden Mutter. Dabei sind die Schultern des Babys zu breit für den Geburtskanal. Das Kind bleibt nach der Geburt des Kopfes mit den Schultern stecken. Dann kann der Schulterknochen des Babys brechen und ein verkürzter Arm ist eine mögliche Konsequenz. Zudem steigt die Gefahr des Sauerstoffmangels für das Kind, was ein Grund für eine geistige Behinderung sein kann. Die Mutter hat ebenfalls ein erhöhtes Risiko für eine Geburtsverletzung. Dazu gehören Schädigungen des Darms und der Blase, was eine spätere Inkontinenz zur Folge haben kann.
Leider ist bei einer Schwangerschaft oft nicht erkennbar, ob das Baby XXL-Format haben wird. Für Gynäkologen ist es auch mit Ultraschall sehr schwierig, den Umfang der Schultern auszumessen. Darum empfiehlt Mallmann, dass Frauen mit Diabetes schon vor der Geburt durch ein Expertenteam aus Diabetologen, Geburtsmedizinern und Neonatologen betreut werden sollten. Zudem empfiehlt der Medizinern, das Risiko durch Übergewicht zu minimieren, sprich abzunehmen. Die beste Vorbeugung sind eine gesunde Ernährung und Abspecken. Die Annahme, dass man in der Schwangerschaft für zwei essen müsste, kann getrost ins Reich der Legende verwiesen werden. Und wenn die Mutter nicht übergewichtig ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass das Kind nicht überdurchschnittlich viel wiegt.
Foto: markus.lehmann auf pixelio.de