No Pain – No gain: Nur Schmerzen zählen
2. Juni 2010 von Riedel
No pain, no gain. Grob übersetzt heißt das: Ohne Schmerzen, kein Leistungszuwachs. Zu den weit verbreiteten Fitnessmythen zählt auch, dass man ohne Schmerzen beim raining keinen Fortschritt erreicht. Diese Ansicht ist aber weder gesund, noch richtig.
Es gibt einige Sprüche für Sportler, die man getrost aus dem Gedächtnis verbannen sollte. Dazu gehört auch die eher zweifelhaft Weisheit „no pain, no gain“ oder „Schmerz ist Schwäche, die den Körper verlässt“. Beide Weisheiten möchten einem vorgaukeln, dass man nur fitter wird, wenn Training mit körperlicher Pein verbunden ist. Doch das ist ebenso falsch wie gefährlich.
Schmerzen im Training sind nie gut
„Schmerzen sind beim Sport nie etwas Gutes“, sagt Sportmediziner Dr. Markus Klingenberg. „Eher das Gegenteil ist der Fall. Schmerzen sind grundsätzlich ein Anzeichen für eine Überbelastung oder sogar auf für eine Verletzung. Und wenn man trotz Verletzung weiter trainiert, oder sein Pensum sogar noch einmal steigert, riskiert man eine Verschlechterung.“
Die Phrase „no pain, no gain” stammt vom Anfang der 80er Jahre, als Fitness-Queen Jane Fonda ihre Aerobic-Videos mit martialischen Sprüchen wie „feel the burn“ (spür wie es brennt) oder eben dem no pain-Slogan zu vermarkten versuchte. In der Fitness- und Bodybuilder-Szene wurden diese markigen Sprüche anschließend auf das eigene Training übertragen. Mit zweifelhaftem Erfolg.
Verletzungen verschlimmern sich
„Trainiert man beispielsweise mit einem Muskelkater, riskiert man, dass die Mikrorisse in der Muskulatur sich vergrößern und die Probleme größer werden“, erklärt Dr. Klingenberg. Auch sonst sind Schmerzen ein Signal des Körpers, eher eine Pause einzulegen als weiter zu trainieren.
Schmerzen können beim Sport auf verschiedene Weise entstehen. Etwa durch den schon erwähnten Muskelkater, durch Verletzungen, oder durch Anpassungsschmerz.
„Um zu verhindern, dass eine Verletzung schlimmer wird, sollte man sofort mit dem Sport aufhören“, sagt Dr. Klingenberg. Dabei spielt es keine Rolle, ob man eine Verletzung wie eine Zerrung, eine Prellung oder ein Bänderriss hat oder einfach nur überlastet ist. Bei einer Überlastung ist der Muskel zudem erschöpft. Trainiert man dennoch weiter, ist das Training eher kontraproduktiv: Die Regenerationszeit verlängert sich und man riskiert im schlimmsten Fall eine schwerwiegendere Verletzung.
Auch beim Dehnen muss man vorsichtig sein. Schmerz heißt hier nicht, dass das Stretching effektiver wird, sondern dass man dem Gelenk zu viel zumutet. Beim Dehnen sollte man die Gelenke nur so weit strecken, bis ein leichtes Ziehen auftritt und in keinem Fall weiter. Ansonsten überdehnt man das Gelenk und riskiert eine Instabilität.
Was ist Anpassungsschmerz
Einzig beim so genannten Anpassungsschmerz muss man sein Trainingspensum nicht unbedingt reduzieren. Dieser Schmerz entsteht überwiegend bei Sport-Anfängern, wenn Gelenke und Bänder sich der neuen und ungewohnten Belastung anpassen. „Der Anpassungsschmerz tritt meistens einen Tag nach der Belastung auf und dauert 3-4 Tage an“, erklärt der Sportmediziner Dr. Klingenberg. Auch beim Kraft- oder Sprinttraining kann man nach einer Anpassungsphase bewusst eine Muskelschädigung in Kauf nehmen, um das Training effektiver zu gestalten. Und die tut manchmal weh – aber es sollte alles im Rahmen bleiben. „Sofern sich die Schmerzen nicht verschlimmern, kann man weiterhin Sport treiben. Allerdings muss man schon aufpassen und eine Pause einlegen, falls die Beschwerden größer werden“, empfiehlt Dr. Klingenberg.
Das Motto „No pain, no gain“ mag vielleicht für Jane Fonda gegolten haben, heute ist diese Fitness-Weisheit in jedem Fall veraltet.